Wikileaks bleibt online – Kein Staat soll Informationen unterdrücken können

Die Internetplattform Wikileaks hat bekanntlich Ende November 250.000 geheime Dokumente der US-Diplomatie veröffentlicht. („Cablegate„)

Seither ist viel passiert.

Der DNS-Provider EveryDNS.net hostet nicht mehr die Domain wikileaks.org und hat – laut Golem – Wikileaks.org am 2. Dezember offline geschaltet.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Amazon hat Wikileaks seine Server nicht mehr nutzen lassen, PayPal, MasterCard, Visa und die Schweizer Post Finance haben Wikileaks die Konten gesperrt. Das US-Unternehmen Tableau Software, ein Experte für Datenvisualisierung, kündigte ebenfalls die Zusammenarbeit mit Wikileaks auf. „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass hier die US-Regierung hinter den Kulissen Druck ausgeübt hat“, schreibt dazu Heise.

Ende von Wikileaks?

wikileaks auf ladstaetter.at gespiegelt

„Doch der Versuch, die Enthüllungsaktivisten und die geheimen Dokumente aus dem Internet zu verbannen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt“, schrieb die Süddeutsche. Ich glaube der (hilflose) Versuch wird auf jene zurückfallen, die es probierten.

Hunderte Server weltweit – darunter auch dieser private Server ladstaetter.at – spiegeln die Informationen und machen sie so weiterhin für alle zugänglich. (NEWS berichtete)

Kurier.at: Wikileaks-Filialen in Österreich (9. Dezember 2010)

Um Wikileak sim Netz zu halten, tauchen weltweit mehrere hundert Klone der Enthüllungsplattform auf – auch in Österreicher.

Die US-Behörden unternehmen derzeit alle Anstrengungen, Wikileakszu sperren oder gar zu löschen. Leicht wird das nicht werden: Befürworter der Enthüllungsplattform sorgen mit Spiegelungen (Mirrors) der Website auf ihren eigenen Servern dafür, dass Wikileakssich mehr und mehr ausbreitet und schon bald in tausendfacher Ausführung existieren könnte.

Einige der zahlreichen Unterstützern kommen aus Österreich. So auch der im Wiener Museumsquartierbeheimatete Verein quintessenz. Dieser setzt sich für die Wiederherstellung der Bürgerrechte im Informationszeitalter ein. Datenschutz ist eines der wichtigsten Anliegen von quintessenz. „Datenschutz ist Menschenrecht“ steht auf der offiziellen Website.

Passen Datenschutz und Wikileakszusammen?

Die Unterstützung von Wikileaksdurch einen um Datenschutz bemühten Verein sei kein Widerspruch, meint Georg Markus Kainz, Obmann von quintessenz. „Absolut nicht“, stellt, er im Gespräch mit KURIER.at klar: „Wir treten dafür ein, dass private Informationen geschützt werden. Was die öffentliche Verwaltung tut, muss aber transparent und öffentlich sein.“

Seit kurzem betreibt die Organisation einen eigenen Wikileaks-Mirror. Als „Symbolakt“ gegen Sperren und Zensur. Wikileaksist für den quintessenz-Obmann ein „Aufschrei der bürgerlichen Gesellschaft, um zu zeigen, dass man sich nicht den Mund verbieten lässt“. Kainz hat kein schlechtes Gewissen, dass nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente verbreitet werden. Seiner Meinung nach ist die Aufdeckung von Skandalen nur durch Geheimnisverrat möglich.Wikileakssei der dazugehörige „anonyme Briefkasten“.

quintessenz: „Unterstützen Wikileaks, nicht Assange“

Zwar sieht quintessenz die Jagd auf den Wikileaks-Chef Julian Assange, der nun in London festgenommen wurde, durchaus kritisch. Doch in erster Linie geht es Kainz um die Plattform Wikileaks selbst: „Wir unterstützen Wikileaks, nicht Assange. Er ist nur das Gesicht. Hinter Wikileaksstecken 600 Leute. Er ist quasi ein Pressesprecher und wird daher nun als der Böse hingestellt.“

Als Datenschutz-Insider verfolgt Kainz die Entwicklung von Wikileaksschon mehrere Jahre. Einem größeren Personenkreis bekannt wurde die Plattform vor allem durch die empörten Kritiken in den USA, deren Behörden zu viel Informationsfreiheit ein Dorn im Auge ist. In diesem Fall ist der quintessenz-Obmann aber froh über das Verhalten von „Uncle Sam“: „Es gibt nun 700 bis 800 Mirrors. Das wäre ohne die US-amerikanische Cowboy-Mentalität nach dem Motto ‚Zuerst einmal schießen‘ gar nicht möglich gewesen. Ansonsten wäre Wikileaks vermutlich einmal kurz populär geworden und dann wäre das Thema schon wieder vom Tisch gewesen.“ Durch die unüberlegten Reaktionen der US-Behörden sind viele neue Unterstützer auf den Wikileaks-Zug aufgesprungen.

Journalisten brauchen Quellen

Auch die Brüder Ladstätter aus Wien, die gemeinsam einen privaten Server betreiben, haben sich entschlossen, Wikileakszu spiegeln. Martin Ladstätter ist als Journalist für BIZEPS-Info, einen Nachrichtendienst der Behindertenbewegung, tätig. Sein Bruder Markus ist IT-Experte und setzt sich für Meinungsfreiheit und Netzneutralität ein. Seitdem die beiden Wikileaks spiegeln, hat sich ihr Traffic verfünffacht.

Martin Ladstätter möchte mit dem Spiegeln „verhindern, dass Wikileaks mundtot gemacht wird“. Denn Journalisten seien „immer auf Quellen angewiesen“. Sein Bruder Markus ist der Meinung, „dass Staaten nicht das Informationsmonopol haben sollten um den Bürgern nur jene Informationen zukommen zu lassen, die ihnen angenehm sind.“

Das Vorhaben, Wikileaks zu sperren, scheint derzeit nicht umsetzbar. Sollte die Plattform dennoch irgendwann geschlossen werden, wäre das für Markus Ladstätter„das Ende des Rechtsstaates. Es wird hier im Moment eine Hetzjagd veranstaltet, bei der es darum geht unliebsame Informationen vor dem einfachen Volk zu verheimlichen.“ Der IT-Experte vergleicht das mit einer „Bücherverbrennung“.

Mein Provider df.eu hat sehr frühzeitig klargestellt, dass er es Kunden überlässt, ob sie Spiegelungen von Wikileaks machen wollen und auch seine Rechtsmeinung dazu online gestellt. (Das bestärkt mich darin beim richtigen Provider zu sein.)

Staaten haben kein Informationsmonopol

„Staaten sollten nicht das Informationsmonopol haben um den Bürgern nur jene Informationen zukommen zu lassen, die ihnen angenehm sind“, meinte mein Bruder Markus und wir entschlossen uns dazu den Kampf um Netzneutralität aufzunehmen.

Da ich journalistisch tätig bin kenne ich den Stellenwert von Quellen und ihren Wert für die Meinungsfreiheit. Wikileaks die Veröffentlichungen zu verunmöglichen sehe ich daher als einen Angriff auf die Meinungsfreiheit, den ich nicht tatenlos zusehen wollte.

Übrigens: Seit hier mit http://wikileaks.ladstaetter.at die Daten von Wikileaks gespiegelt werden, hat sich der Server-Traffic verfünffacht. Gut so.

Nachtrag am 31. August 2011:

Nachdem WikiLeaks wieder unter www.wikileaks.org erreichbar ist, haben wir die Spiegelung beendet.

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