Wie ein Google-Ausfall die Krise im Journalismus darlegte

Am 16. August 2013 spätabends hatte Google ein paar Minuten mit massiven technischen Problemen zu kämpfen und fiel größtenteils aus. Für die Medien war dies natürlich relevant und musste umgehend berichtet werden. Soweit so verständlich.

Fakten?

Nur was genau konnte man berichten? „Google war down“ wäre doch etwas dürftig und daher ging man auf die Suche nach Zusatzinfos. Irgendwer muss dann einen Informationshappen gefunden haben, der sich schnell verbreitete – sogar mit einem Bild (von gosquared) konnte er hinterlegt werden. Perfekt!

gosquared

So richtig gesichert war die Information auf Relevanz und Glaubwürdigkeit aber nicht. Egal haben sich vielleicht einige gedacht. Hauptsache schnell davon berichten, sonst tun’s vielleicht andere zuerst.

Es ist höchst peinlich, wenn österreichische Medien (im Selbstverständnis sogar Qualitätsmedien) solcherart darüber berichtet haben: „Google-Ausfall ließ Web-Traffic um 40 Prozent absacken“ (Der Standard) oder „Google-Ausfall lässt Web-Traffic absacken“ (Futurezone)

„Google-Ausfall sorgt für Journalismus-Ausfall“

„Google-Ausfall sorgt für Journalismus-Ausfall“ fasst BILDblog nun treffend die Vorkommnisse zusammen. In dem Artikel von Stefan Niggemeier wird aufgezeigt, dass die Aussage, wonach große Teile des Internetverkehrs ausgefallen sind, gar nicht belegbar und die Quelle nicht relevant ist.

Hier ein Vergleich zur Veranschaulichung: Wenn in einem 50 Personen umfassenden Dorf einer vom Blitz erschlagen wird, würde die Medien hoffentlich auch nicht schreiben: „2 % der Österreicher vom Blitz erschlagen“

Die Qual der Wahl?

Eine Nachricht schnell zu vermelden ist sicherlich gerade im Online-Journalismus wesentlich. Allerdings muss man bei Geschwindigkeit besonders aufpassen. Bei einem Medien-Workshop der Nachrichtenagentur APA hat dies ein Vortragender vor Jahren schön so formuliert: „The choice between being first and being right is no choice at all.“

Aber vielleicht spielte auch folgender Umstand eine Rolle, auf den Michael Fleischhacker kürzlich in der Presse hinwies: „Immer öfter würde als Veröffentlichungskriterium neben den klassischen Aspekten der Relevanz und Aktualität auch die Tatsache herangezogen, dass die Sache nun schon einmal in der Welt sei und also darüber berichtet werden könne oder sogar müsse“.

Mir ist schon klar, dass die Mediendebatte lieber über Zeitungssterben (oder Übernahmen) berichtet. Ich würde mir aber auch eine verstärkte Diskussion über Qualität der Berichterstattung wünschen.

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