Was kostet Persönliche Assistenz und was ist sie uns wert?

Was kostet Persönliche Assistenz und was ist sie uns wert?

Am 9. September 2015 hielt ich beim ÖAR-Infotag „Lasst mich tun!“ den Vortrag „Was kostet Persönliche Assistenz und was ist sie uns wert?“.

Die ÖAR hat nun Mitte Oktober 2015 den Tagungsbericht veröffentlicht, der auch eine Mitschrift aller Vorträge enthält. Danke dafür. (Fotos von der Veranstaltung)

Publikum

Mitschrift meines Vortrages:

Mein Thema ist heute: „Was kostet Persönliche Assistenz und was ist sie uns wert?“ Eine Polemik, das heißt es ist eine Streitrede, ich werde ein bisschen schimpfen.

Am Beispiel Wien: „Was kostet Persönliche Assistenz?“. Ich will etwas über Wien erzählen, keine Angst, ich werde sie nicht langweilen, aber ein paar Zahlen kann ich Ihnen nicht ersparen.

Martin Ladstätter trägt vor

Was kostete es

Was gibt Wien für Persönliche Assistenz im Jahr aus?
Wir sprechen von ungefähr 12 Millionen Euro für das Jahr 2014. Man kann sagen, das ist viel Geld!

Aber was bedeutet das für eine Stadt?

Martin Ladstätter trägt vor

Machen wir einen Vergleich: Wenn jede Wienerin/Wiener pro Monat 55 Cent ausgibt, dann ist die gesamte Persönliche Assistenz, wie sie derzeit in Wien gemacht wird, finanziert.

Schauen wir, wofür die Stadt sonst Geld ausgibt. Nehmen wir eines der vielen Bilder aus der Wiener U-Bahn. Man sieht einen tollen Wagen, dekoriert mit Gratiszeitungen.

Wo Wien das Steuergeld investiert

„Heute“ kennt man, das andere könnte „Österreich“ sein. Die Zeitungen liegen oft wie Müll herum. Wir alle bezahlen das – nebenbei bemerkt.

Dann sehen Sie einen Ständer. Da steht „Heute“ – der Name der Zeitung – „gratis – aber nicht umsonst“. Das „umsonst“ heißt 5.777.402 Euro in 37 Tagen. Dieses Geld wurde vom 3. August bis 8. September von der Stadt Wien für Werbung ausgegeben.

Slogan von HEUTE

Das heißt auch jeder Wiener und jede Wienerin hat in diesem Monat 3,20 Euro für den Zeitungsmüll in der U-Bahn bezahlt. Aber 55 Cent pro Person ist es der Stadt wert, dass Persönliche Assistenz finanziert wird.

Persönliche Assistenz zu teuer?

Ein Vorurteil ist, dass Persönliche Assistenz so wahnsinnig teuer ist.
Es gibt viele Leute, die unter 1.000 Euro im Monat bekommen und damit selbstbestimmt leben können. Dann gibt es welche, die ca. 8.000 Euro plus Pflegegeld bekommen.

Warum bekommen die einen so viel, die anderen so wenig? Weil sich die Persönliche Assistenz an der Person orientiert. Der durchschnittliche Betrag für Persönliche Assistenz in Wien ist ca. 4.700 Euro pro Monat plus Pflegegeld.

Martin Ladstätter trägt vor

Geld umverteilen

Aber so hoch sind auch die klassischen Kosten in der Behindertenhilfe. Wir reden nicht um mehr Geld – wir müssen nur Geld umverteilen.

Der Autohersteller Henry Ford hat einmal gesagt, 50 Prozent der Werbung sind immer rausgeworfen. Die Hälfte der Werbung ist unsinnig.

Wenn jeder Wiener und jede Wienerin 3,20 Euro im Monat für die U-Bahn Zeitungen als Werbung ausgibt und wir jetzt einmal die Hälfte einsparen, dann sind es 1,60 Euro. Das geben wir zu den 55 Cent, die wir jetzt dafür ausgeben dazu, dann hätten wir auf einmal 2 Euro, für jeden Wiener/Wienerin für Persönliche Assistenz in Wien.

Ist das jetzt viel oder wenig? Ich komme aus der Betriebswirtschaft: Ich habe gerechnet, was man damit machen könnte.

Erstaunliche Fakten

In Wien müssen derzeit 300 junge behinderte Menschen in Pflegeheimen leben. Sie könnten sofort mit dem Geld Unterstützungsangebote bekommen, damit sie zu Hause leben können. Nicht einer oder zwei, sondern alle 300. Das Geld müsste man nicht suchen, sondern einfach nicht in Werbungsinserate investieren.

Dann bleibt aber noch sehr viel Geld übrig – man könnte weiteren 400 Menschen Persönliche Assistenz finanzieren. Derzeit bekommen viele Menschen keine Assistenz. Menschen mit Lernschwierigkeiten oder blinde und sehbehinderte Menschen.

Derzeit sind es 250 Menschen, die Persönliche Assistenz bekommen. Es wäre sofort Geld für weitere 400 Personen da.

Was der Sozialminister tun könnte

Aber auch der Herr Sozialminister könnte etwas tun.

Er finanziert den Pflegegeldfonds, damit werden Heime und parteinahe Heimhilfeorganisationen mit ca. 300 Millionen Euro im Jahr finanziert. Gleichzeitig werden Pflegegeldleistungen für die Einzelnen laufend gekürzt. Die ÖAR hat gerade erst im Parlament massiv dagegen protestiert. Im Sozialministerium ist grundsätzlich genug Geld vorhanden, man müsste es halt für Persönliche Assistenz ausgeben.

Was ist es uns wert?

Ist es uns wert 55 Cent auf 2 Euro im Monat zu erhöhen, damit man nicht im Heim leben muss? Ist es uns wert, aufs Klo gehen zu können, wenn wir müssen – dass behinderte Menschen mit Freunden unterwegs sein können, wenn sie es wollen, dass sie die Sicherheit haben, Unterstützung zu bekommen?

Geld wie Dreck!

Abschließend ein Zitat eines deutschen Politikers, Heiner Geißler, der sagte: „Es gibt Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute“.

Daran ist etwas dran. Der Dreck in der U-Bahn ist das, was man der Persönlichen Assistenz vorenthalten hat.

Nicht nur heute Chaos durch "Heute"

Vollständige Präsentation

2 Kommentare

  1. Pingback: Millionen für Zeitungsmüll auf Rädern |

  2. Pingback: Wer ist hier die Bettelmafia? – Martin Ladstätter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert