Bundespräsidentenwahl: Die nächste Woche im Schnelldurchlauf – eine Prognose

Bundespräsidentenwahl (Ausschnitt von einer Wahlschablone)

Nur mehr wenige Tage und am 24. April 2016 wird der erste Durchgang der Bundespräsidentenwahl 2016 geschafft sein. Da Meinungsforscher auch dauern daneben liegen (und ja manches Mal ist das auch nicht der Fall), wage ich einfach mal einen Blick in die kommenden 9 Tage bis zur Wahl.

Richard Lugner wird vermutlich in den letzten Tagen jene Aufmerksamkeit bekommen, die ihm realistischerweise zusteht – nämlich kaum mehr eine. Seine Erwähnungen werden sich höchstwahrscheinlich auf „Der ORF hätte ihn einladen sollen“ beschränken. Da er ziemlich sicher deutlich unter 5 Prozent bekommt, werden auch taktische Spielchen nahezu bedeutungslos.

Einen schweren Stand hat der von der ÖVP doch noch schlussendlich nominierte Andreas Khol. Nicht nur, dass ihm Erwin Pröll ohne Not den Show gestohlen hat (und es a bissl wieder gut machen wollte), und Erhard Busek wieder Muppet Show artig von der Galerie kommentiert – nein, er ist eigentlich jetzt schon chancenlos in die Stichwahl zu kommen. Er wird bis zum Schluss Optimismus ausstrahlen, den ihm aber keiner mehr abkauft. Ein paar positive Erwähnungen der Schüssel-Ära sollen die letzten Verbliebenen der Döblinger Regimenter motivieren. Aber es ist hoffnungslos, da in letzter Sekunde viele ÖVP WählerInnen dann doch noch Irmgard Griss wählen (um ihre Stimme nicht zu verschenken), weil sie Chancen auf die Stichwahl haben könnte.

Die Hauptaufgabe des Teams rund um Norbert Hofer wird sein, verschreckende FPÖ-Allüren und Aussetzer zu vermeiden. Die letzte Woche hat mit der medienwirksamen Aktion der Identitären für ihn schlecht begonnen. Er steckt im Dilemma potentielle WählerInnen nicht verschrecken zu dürfen und seine StammwählerInnen trotzdem zu bedienen. Besonders für ihn geht es in dieser Woche um viel. Sein größter Trump: Er scheint auch für Personen jenseits der FPÖ wählbar zu sein und davon gibt es in der FPÖ bisher kaum welche. Was andere im Wahlkampf unterschätzt haben: Der Mann kann freundlich wirken und gut reden; dass kann nicht jeder seiner Gegen-Kandidaten.

Für Rudolf Hundstorfer gilt teilweise das Gleiche wie für Andreas Khol. Eigentlich schon ausgeschieden, aber als Kandidat der derzeit größten Partei im Parlament (und des derzeitigen Präsidenten) gezwungen ein achtbares Resultat zu erzielen. Und achtbar heißt hier klar der Einzug in die Stichwahl, was er nicht schaffen wird – und zwar deutlich. Dieses Mal werden es für die SPÖ nicht mal mehr die PensionistInnen retten, obwohl er diese Woche noch probieren wird sie zu aktivieren – vermutlich mit Angstszenerien. Seine Kampagne „Einer von uns, einer für uns“ passt eher schwer mit seinem derzeitigen Verdienst von 13.000 Euro zusammen. Das wird er nächste Woche noch öfters hören, tippe ich. Sein Dilemma: Er muss aufholen, kommt aber überheblich und lustlos rüber.

Der doch nicht grüne – aber eigentlich schon – oder wie auch immer man es nennt – zumindest schwerst von Grünen unterstützte Kandidat Alexander Van der Bellen hat einen soliden Wahlkampf hingelegt. Die Gefahr, dass er seinen vorausgesagten Vorsprung verliert, haben ihn im Finale aufgeweckt und er zeigt – im Gegensatz zu Hundstorfer und Khol – klar, dass er seine Chancen kennt. Er dürfte ein sehr professionelles Team haben („Heimat“-Begriff besetzen und Parteispitze verstecken), dass wahrscheinlich auch in der letzten Woche versucht große Fehler zu vermeiden. Dass weder Barbara Prammer noch Erwin Pröll zur Auswahl standen (und die 2. Wahl der jeweiligen Parteien farblos sind) eröffneten für ihn eine Chance, die bisher einmalig in der zweiten Republik ist.

Die größten Chancen für eine Überraschung hat diese Woche Irmgard Griss. Sehr früh in den Wahlkampf gestartet, ist ihr doch nicht die Luft ausgegangen, was einige befürchtet haben. Sie dürfte locker die beiden Kandidaten der Regierungsparteien (Hundstorfer und Khol) hinter sich lassen. Geschickt wird sie versuchen ihr Label „unabhängig“ zu promoten und die Diskussion um die Chancenlosigkeit von Khol hilft ihr auch, als eigentlich eh ÖVP-kompatible Kandidatin in der Schlussphase noch dazu zugewinnen. Wenn Hofer die Woche vergeigt, schafft sie es. Wenn nicht, könnte es eine Zitterpartie werden.

Tipp

Jetzt bin ich ein wenig mutig und tippe (auch auf die Gefahr völlig daneben zu liegen). Aber ich traue mich das jetzt mal, weil ich bin ja nicht Meinungsforscher um muss mich am Wahlabend fragen lassen, was ich eigentlich hauptberuflich mache. 😉

Mein Tipp:

  1. Van der Bellen
  2. Hofer
  3. Griss
  4. Hundstorfer
  5. Khol
  6. Lugner

Was mich an dem Wahlgang besonders interessiert ist, wer in welchen Bundesland auf den ersten 3 Plätzen landet (auch wenn zahlenmässig NÖ, Wien und OÖ entscheiden). Auch hier könnte es interessante Detailergebnisse geben. Ich sag mal Burgenland oder Salzburg. 😉

Für mich – wie für immer mehr WählerInnen – ist der erste Wahldurchgang schon gelaufen. Meine Wahlkarte ist schon längst abgeschickt.

Nachtrag am 6. Mai 2016

Nicht nur die Meinungsforscher lagen katastrophal daneben (was zu Diskussionen führte), auch meine Prognose war gründlich falsch. Gewonnen hat – mit extrem hohen Abstand, den niemand vorausgesagt hat – Norbert Hofer. Siehe Daten BMI. Er errang mit Ausnahme von Wien in allen Bundesländern den Platz 1.

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